Maandelijks archief: oktober 2016

Tims langer Weg nach Deutschland (1)

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„Tim muss ins Kinderheim”, sagte meine Frau eines Tages, nachdem sie das Telefon aufgelegt hat. Tim, der achtjährige Sohn ihrer jüngsten Schwester, wurde seiner Mutter vom Jugendamt weggenommen, als sie ihn wieder sternhagelvoll von der Schule abholte. Die älteste Schwester übernahm vorübergehend die Pflege, konnte es aber nicht mehr bewältigen. Ihr 73-jähriger Mann war vor drei Jahren durch Schlaganfall gelähmt, und der Junge war so lebhaft und lästig, wie es sich für ein Kind gehört.

„Zu einem Waisenhaus?”, sagte ich. „Niemals. Wir nehmen das Kind unter unsere Obhut.”

Gesagt, getan! Und wir lebten noch lange und glücklich.

Also nicht. Denn es gibt eine große fette Grenze zwischen uns und dem Neffen: die Grenze zwischen der EU und Russland. Zuerst wird sich eine ganze Herde russischer Beamter in die Angelegenheit einmischen. Stempel und Unterschriften mussten erstellt werden, kurzum, die Flügel kamen auf Touren und wir, ein niederländisch-russisches Paar in Deutschland, durften Don Quichotte spielen. Und dann würde sich das Spiel in unserem Wohnsitzland Deutschland wiederholen.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die Mutter wegen der Flasche mal das Sorgerecht verloren. Himmel und Erde hatte sie in Bewegung gesetzt, um ihr Kind zurückzubekommen. „Ich trinke nicht mehr. Bitte, bitte, gib ihn mir zurück.” Eigentlich wider besseres Wissen ließen das Jugendamt und der Richter sich im November überreden. Richter neigen dazu, bestehende Familienbeziehungen aufrechtzuerhalten.

Im März was es wieder so weit. Nach neuen Szenen der Trunkenheit auf dem Schulhof, wo die Mutter ihren Sohn sogar verlor, brachte die Polizei das Kind in ein Kinderheim. Dort holte ihn seine älteste Tante ab.

Im Mai eilte meine Frau, die Mitte der drei Schwestern, nach Moskau, weil Tims Mutter in einer Entzugsklinik außerhalb der Stadt war und ihre 88-jährige Mutter, jetzt allein zu Hause, drohte unterzugehen. Sie braucht Pflege. „Alarm”, sagte meine Frau am Telefon, sobald sie in Moskau war. Sie erzählte von der Bedrohung des Waisenhauses.

Sofort kontaktierte ich das Jugendamt in unserem Wohnsitzland Deutschland. ‘Wie gehe ich hier in Deutschland an die Vormundschaft heran?’, fragte ich per E-Mail. Dort öffnete sich ein Labyrinth gefüllt mit Führern, die ausnahmslos die Wegweiser falsch setzten. Mir stand eine Irrfahrt durch die Höhlen der deutschen Bürokratie bevor, mit einer bunten Sammlung von Schränken und Wänden als Hauptinstrument der sich sozial nennenden Arbeitern mit ihrer in Schwielen verschlammten Seele.

Dabei war Russland selbst kein Rennen. Der Richter könnte sich erneut für eine Fortsetzung der bestehenden Familienbeziehung entscheiden. Diese Chance war klein, aber bestand, da die Mutter wieder zu Hause war und das Getränk in Ruhe ließ, wenn auch dank einer monatlichen Vivitrolinjektion.

„Mami”, sagte Tim eines Tages, „kann ich dich mal unter vier Augen sprechen?”

„Selbstverständlich.” Die glückliche Mutter nahm das Kind mit ins Schlafzimmer der Zweizimmerwohnung.

„Mami, bitte, willst du dich nicht der Vormundschaft meiner Tante widersetzen, denn das würde meine Zukunft torpedieren.”

Der Junge plapperte brav den Text nach, den ihm eingeflüstert wurde von seiner ältesten Tante, die von dunklen Visionen über ihre Schwester gequält wurde, als wäre die Mutter nach Wiedererlangung des Sorgerechts wieder dem Trunk verfallen, während die mittlere Tante zurück zu Hause in Deutschland wäre und sie selbst nochmals Vormünderin werden müsste.

Die Mutter ermannte sich. „Wenn du das so willst, dann tue ich das.” Sie stürmte hinaus und schweifte an diesem Abend die Straßen Moskaus herum. Ohne Vivitrol hätte sie wieder zur Flasche gegriffen.

Der Mutter wurde die elterliche Sorge im August vom Richter entzogen. Das Jugendamt ernannte meine Frau als Vormund. Aber das Kind durfte noch nicht mit nach Deutschland kommen, denn zuerst musste unser Haus geeignet befunden werden. Das Moskauer Jugendamt konnte die Inspektion nicht selbst durchführen, also bat sie ihren deutschen Amtskollegen um Hilfe.

Und das würden wir wissen.

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Tims langer Weg nach Deutschland (2)

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Tim, mittlerweile 9 Jahre alt, hat seine Mutter an König Alkohol verloren und bekommt seine Tante als Vormund. Kleines Problem: Tim lebt in Moskau und seine Tante lebt in einem deutschen Grenzdorf. Ein russisches Pflegekind darf ohne weiteres nicht mit ins Ausland gehen.

„Zunächst müssen Sie Ihr Haus in Deutschland besichtigen lassen”, sagt die Dame des Moskauer Jugendamts.

Oje, die Kacke ist am Dampfen. Wie bringt man die Deutschen in Bewegung? Meine bisherigen Erfahrungen waren nicht sehr ermutigend.

Am 12. Mai war meine Frau in Moskau eingetroffen. Sofort Alarm: Ihr Neffe Tim musste ins Kinderheim. Wir haben uns als Vormund angeboten. Per E-Mail habe ich beim Jugendamt Kreis Kleve nachgefragt, wie wir diese Sache in Deutschland anfassen könnten.

‘Ich bin außer Haus’, mailte der Roboter von Frau K. ‘Für Notfälle können Sie Frau H. kontaktieren.’

Ein Waisenhaus scheint mir ein Notfall zu sein. Frau H. war anderer Meinung: ‘Warten Sie aber ruhig, bis Frau K. aus dem Urlaub zurück ist.‘

Ende Juni. Frau K. kommt aus dem Urlaub zurück und antwortet per E-Mail: ‘Ich kann Ihnen bei Ihrer Frage nicht behilflich sein. Aber höchstwahrscheinlich kann Ihnen die Ausländerbehörde in Kleve weiterhelfen.’

Nein, Frau K., in Russland wird um eine Besichtigung unseres Hauses gebeten.

Frau K.: ‘Ich habe Ihnen die Daten der Kolleginnen die zuständig sind für Adoption gegeben. Die können Sie diesbezüglich am besten beraten.’

Nein, Frau K., es geht nicht um Adoption, wir sprechen hier über Vormundschaft.

Adoptionsvermittlungsstelle: ‘Wenn überhaupt, wäre die Kollegin vor Ort, Frau K. Ihre Ansprechpartnerin.’

So scheiterten meine erste Bemühungen, nur Informationen vom Jugendamt Kreis Kleve zu erhalten. Und jetzt würden sie plötzlich helfen?

„Bitte, einen Brief an unsere Kollegen in Deutschland”, sagte die Moskauer Jugendbetreuerin. Der Brief enthielt ein einfaches Ersuchen: Gerne die Lebensbedingungen vor Ort inspizieren und Ihren Bericht an den Vormund aushändigen.

„Ich komme Sie Dienstag besuchen”, sagt Frau K., nachdem sie Mitte August den Antrag erhalten hat. Ich muss es jedoch mit meiner Vortsitzende abstimmen.”

Drei Tage später, Telefon: „Meine Vorsitzende ist nicht einverstanden. Wir machen keine Geschäfte mit Ihnen, nur mit Kollegen. Moskau sollte ein direktes Amtshilfeersuchen an uns richten.”

Moment mal! Dieser Brief enthielt eine direkte Anfrage auf dem Moskauer Jugendamtsbriefpapier. Der Antrag wurde an die ‘zuständige Jugendfürsorgebehörde am Wohnort des beabsichtigten Vormunds’ gerichtet. Unterzeichnet von einem Moskauer Jugendamtsleiter.

Nicht gut genug, urteilte Frau K. nach dem Gespräch mit ihrer Vorsitzende. Zum ersten Mal in meinem Leben war mir ein Hemmnis, dass ich keine Brieftaube bin.

„Das Moskauer Jugendamt kann Ihnen das Ersuchen per E-Mail senden”, schlug ich vor.

„Nein, per E-Mail is nicht erlaubt, per Fax ist gestattet”, sagte Frau K.

Auf dem Moskauer Briefpapier gibt es eine Faxnummer. Leider ist jedoch das Fax kaputt, Geld für ein neues Gerät fehlt jetzt und in absehbarer Zeit, und für neues Briefpapier ohne Faxnummer gibt es auch kein Geld.

„Das Fax in Moskau ist kaputt. Ein solcher Antrag ist monatelang mit der russischen Post unterwegs. Ist es nicht möglich, eine andere Ausweg zu finden?”, fragte ich Frau K.

„Nein.”

„Kann ich einen Termin vereinbaren, um es Ihnen zu erklären?”

„Nein.”

Also dann einfach so. Ich übersetze die russische Anfrage ins Deutsche und maile sie nach Moskau. Dort verfasst das russische Jugendamt ein zweisprachiges Schreiben, das nicht an die ‘zuständige Behörde’ gerichtet ist, weil das deutsche Jugendamt sich geweigert hatte, sich damit zu identifizieren, sondern an Jugendamt Kreis Kleve. Meine Frau erhält den Brief und verschickt ihn umgehend per DHL zum Preis von 60 Euro. Dank Track & Trace weiß ich, dass der Brief am 29. August, einen Tag nach dem Versand beim Jugendamt ankommt. Anschließend ist derselbe Brief in dem Gedärm des Jugendamts für eine ganze Woche unterwegs zum Büro von Frau K.

Telefon. „Ich komme am Donnerstag zu Ihnen”, sagt Frau K., munter wie immer. „Ich habe auch eine Reihe von Fragen an Sie und Ihre Frau.”

„Meine Frau ist in Moskau. Ein Vormund kann nicht einfach sein Pflegekind verlassen.”

„Okay, aber ich brauche ein Führungszeugnis von Ihnen und Ihrer Frau.”

Was noch mal? „Kann ich bei der Gemeinde hier ein Führungszeugnis für meine Frau beantragen?”

„Ich weiß es nicht.”

„Das ist nicht möglich”, sagt die Gemeinde. „Das kann man nur für sich selbst tun. Möglicherweise per Post?”

Per Post aus Russland? Damit ist alles klar. Zuerst ist heraus zu finden wie man so etwas aus der Ferne beantragen kann. Was stellt sich heraus? Du ladest ein Formular herunter und lasst deine Unterschrift beim Deutschen Konsulat beglaubigen.

„Kann nicht”, sagt das deutsche Konsulat in Moskau. „Wir legalisieren nur für Deutsche.”

Also hat meine Frau ihre Unterschrift im niederländischen Konsulat in Moskau legalisiert. Aber wie das Formular zum Bundesjustizamt in Bonn zu schicken? Per E-Mail ist nicht erlaubt. Per Post ist erfolglos oder sauteuer. Not kennt kein Gebot. In Moskau scannt meine Frau den Antrag, per E-Mail landet eine Kopie in Deutschland auf dem Computer bei mir zu hause, ich drucke das Stück aus und lege es in einen Umschlag nach Bonn. Zwei Wochen später fällt das Führungszeugnis auf die Fußmatte. Die Welt will getäuscht werden.

Wochen vergehen nach dem Hausbesuch von Frau K. Tja, sie darf außerhalb ihrer Vorsitzende nichts tun, und es fällt ihr schwer, sie zu fassen. Beschäftigt, beschäftigt, beschäftigt. Ob ich weiß, wie groß die Kreis Kleve ist. Gefunden im Internet: 300.000 Einwohner. Die Region Moskau hat 20 Millionen Einwohner, und dort läuft es reibungslos.

Dann endlich grünes Licht: Am Donnerstag, 28. September, wird sie das Stück rausschicken.

„Wie?”

„Mit der Post.”

„Ich habe Ihnen so oft gesagt: Die Post nach Russland komt Monate zu spät. Oder nie. Schauen Sie hier. Da steht: Wenn man Ihnen sagt, dass etwa zehn Tage lang ein Poststück unterwegs ist, dann machen Sie einfach hundert davon. Können Sie es nach Moskau mailen?”

„Nicht erlaubt.”

„Kann ich eine Kopie erhalten?”

„Nicht erlaubt.”

„Können Sie es dann umgehend per DHL senden? Ich bezahle die Kosten.”

„Ich werde es meiner Vorsitzende vorschlagen.”

Das war Donnerstag. Am Dienstag teilt Frau K. mit, dass der Brief über die Deutsche Post verschickt wurde. Und so landet der Brief in der russischen Post.

Wer mit dem Jugendamt redet, kämpft mit Windmühlen. Jetzt sind zwei weitere Wochen vergangen. Wo ist der Brief, von dem das Schicksal des kleinen Tim abhängt? Wer es weiß, bekommt einen Elefanten.

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Tims langer Weg nach Deutschland (3)

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Der neunjährige Tim hat seine Mutter an König Alkohol verloren und darf mit seiner Tante beziehungsweise Vormund noch nicht nach Deutschland fahren. Zuerst muss ein Moskauer Jugendamt grünes Licht für seine Auswanderung geben. Dies erfordert einen Bericht vom Jugendamt Kreis Kleve über die Lebensbedingungen der Pflegeeltern. Das sind meine Frau und ich.

Wo steckt bloß der Bericht? Die russische Post ist äußerst unzuverlässig, aber dem deutschen Jugendamt ist das ganz egal. Mein Flehen, das Stück auf meine Kosten mit DHL zu verschicken, kletterte auf die Felsen.

Erste Hürde: Die Deutsche Post meldet, dass sie Track & Trace in Russland nicht über ihre Website anbieten kann. Zweite Hürde: Die russische Post erkennt den deutschen Track & Trace-Code nicht. Knobeln, knobeln, knobeln. Was zeigt sich? Man muss die letzten drei Ziffern des Barcodes streichen und dann gelingt es. Wirr, wenn man nicht mit diesem Wissen geboren wird.

Der Brief ist in Scharapowo, 41 Kilometer außerhalb von Moskau, festgefahren. Ähnlich wie Tennis-Star Maria Scharapowa liegt die Betonung auf dem zweiten a. Das für ein komisches Intermezzo. Seit sieben Tagen schon befindet sich das Poststück dort, und es gibt keine Bewegung. Meine Frau ruft die russische Post an.

„O, dann ist der Brief bei den Zollbehörden”, sagt eine Dame.
Meine Frau will wissen, wie wir die Dinge beschleunigen können.
„Kontakt mit dem Zoll ist nicht möglich”, sagt die Dame.
Wie lange kann die Zollabfertigung dauern?
„Die Frist für die Zollbehörden ist unbegrenzt.”

Per E-Mail erhalte ich gute Ratschläge von meinen Freunden: „Bitten Sie den Leiter des Jugendamtes in Kleve um Hilfe.” Und: „Anwalt einsetzen.”

Leiter U. des Jugendamtes hat das Herz am rechten Fleck, diesem Interview zufolge. Ich erkläre ihm die Situation per E-Mail und bitte um Hilfe: „Ich verstehe natürlich, dass es Regeln und Protokollen gibt, aber ich wäre sehr dankbar, wenn Sie einen Weg finden könnten, den Bericht innerhalb der rechtlichen Möglichkeiten so schnell wie möglich nach Moskau zu schicken. Ich bin bereit, die Versandkosten zu übernehmen.”

Antwort von Leiter U., letzte Hoffnung für Waisenkinder: Null, nichts, niente. Er schweigt.

Einen Anwalt einsetzen dann? ‘Kommen Sie mal nach Köln”, schreibt ein Anwalt für Familienrecht. ‘Die Erstberatung kostet 230 Euro.’
Und was kostet mich seine Hilfe insgesamt?
‘Erfahrungsgemäß werden Sie auf 1500 bis 2000 Euro kommen.’

Des einen Not, des andern Brot. Ich versuche es in Kleve. Ich frage eine Anwältin, ob es Sinn macht, das Jugendamt über einen Jurist auf zu rütteln, diesen Brief noch einmal zu verschicken, diesmal per DHL. Mein Budget ist begrenzt, warne ich. Sie kann mir für 200 bis 300 Euro helfen, sagt die Rechtsanwältin.

‘Sehr geehrte Frau Leiter’, lautet die Anrede im Brief der Anwältin. Der Brief selbst war in Ordnung. Der Name war mir neu, aber die Anwältin hatte vorher schon einmal etwas mit dem Jugendamt zu tun gehabt und wußte vielleicht besser Bescheid. Dennoch rief ich sicherheitshalber mit der Frage an, wer Frau Leiter war.
„Sie haben sie selbst erwähnt”, sagte die Anwältin.
Da war ich einfach platt. ‘Leiter der Abteilung: Herr U.’, stand in meiner E-Mail.
„Ups!”, sagte die Anwältin.
Berichtigt. Nahm ich an. Aber am nächsten Tag meldete eine Sekretärin, dass sie den Brief noch einmal geschickt hatte. Die falsche Anrede war einfach verschickt.

Fast eine Woche lang blieb es still. Nur auf mein Drängen nam die Anwältin das Telefon um sich zu erkundigen.
„Ich habe mit Herrn U. gesprochen”, sagte die Anwältin, „und er sagte, dass es hier nicht mit der Versendung des Schreibens getan wäre, sondern ein langwieriges Ruslandsadoptionsverfahren mit dem Landesjugendamt NRW Rheinland durchzuführen ist.”
Da war ich wieder platt. Die Anwältin und Herr U. hatte auf meine Kosten umfassend internationale Adoptionen besprochen, obwohl es kein Adoptionsfall war. Es geht um Vormundschaft, und meine Frau wurde bereits als Vormund in Moskau eingesetzt.

Der Rechtsanwalt würde maximal 300 Euro in Rechnung stellen. Aber nein, es gab eine wundersame Vermehrung. In einem Umschlag, der auf die Matte fällt, gibt es ein Rechnung von 1005,25 Euro. Glücklicherweise erweist sich die Anwältin als recht barmherzig: Teilzahlung erlaubt. Deshalb müssen wir jetzt auch mit einer Anwaltskanzlei den Kampf aufnehmen.

Plötzlich bewegt sich der deutsche Brief in Russland. Eines Samstags stellt sich heraus, dass das Stück in einem Postamt gelandet ist, wo ihn das Moskauer Jugendamt abholen kann.

Montag. Meine Frau wartet und wartet und wartet. Sie ruft die Jugendhilfe an. „Keine Ahnung”, sagt ihr Ansprechpartner. „Wir haben keine Nachricht erhalten.”

Meine Frau geht zur Post und erkundigt sich nach einem Einschreibebrief aus Deutschland.
„Ja, er ist hier”, sagt eine Dame, „aber ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll.”
Was ist los? Es ist kein Empfänger daran beteiligt. Das Dokument ist an die Russische Föderation gerichtet. Stellen Sie sich folgende Beanschriftung vor: An die Bundesrepublik Deutschland, Kuhstraße 4, Kleve.
Meine Frau bietet an, das Stück in Empfang zu nehmen.
„Und wer Sind Sie dann?”
„Ich bin vom Jugendamt”, lügt meine Frau. Es fühlt sich gut an.
Ein argwöhnischer Blick. „Was ist Ihre Funktion?”
„Assistent.”
„Assistent von wem?”
„Vom Inspektor.”
„Bitte. Und nehmen Sie auch den Rest der Post mit.”
Meine Frau unterschreibt für den Empfang. Sie muss ihren Ausweis nicht vorzeigen.

Der Brief, den wir vom deutschen Jugendamt nicht sehen durften, ist in unserem Besitz. Meine Frau bringt ihn in das Moskauer Jugendamt. Sofort gibt man den Brief zurück, damit wir den deutschen Text ins Russische übersetzen können. Ein offizielles Dokument, das die Betroffenen erreicht? Undenkbar in Deutschland. Ordnung muss sein. Wenn das Jugendamt tot wäre, würde es sich im Grab umdrehen.

(Fortsetzung folgt.)

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